Zeitzeugengespräch: Peter Richter
Im Gespräch mit Peter Richter
Peter Richter berichtet von seiner Kindheit und Jugend in der DDR und über seine Motive, diesen sozialistischen Staat zu verlassen
Am 14. Mai 2025 besuchte der Zeitzeuge Peter Richter das Seminar „Diktaturerfahrungen in der DDR“ und erzählte von seiner Kindheit und Jugend in der DDR, die er 1960, kurz vor Antritt seines Studiums verließ. Richter, der 1939 in Mecklenburg geboren ist, wollte Lehrer werden, jedoch nicht im sozialistischen Staat, der von ihm als künftigem Lehrer ideologische Zugeständnisse abverlangte, die er nicht bereit war, zu machen. Er ging nach Hamburg und war schließlich 40 Jahre als Schulleiter und Hochschullehrer im Ausland tätig, darunter Chile, Japan, China und Australien. Das Buch von Reiner Kunze „Die wunderbaren Jahre“, begleitete ihn sein Leben lang und diente ihm oft als Unterrichtsmaterial.
Die Seminarteilnehmenden hatten sich im Vorfeld bereits mit verschiedenen Formen bzw. auch mit Instrumentalisierungen von Politischer Bildung im Laufe der Zeit auseinandergesetzt, um Unterschiede der Zielsetzungen von politischer Erziehung in liberalen Demokratien und Diktaturen zu verstehen. Ebenso haben sich die Studierenden mit den Texten des Buches „Die wunderbaren Jahre“ von Reiner Kunze befasst, insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema ideologische Indoktrination von Kindern und Jugendlichen in der DDR.
Zu Beginn der Sitzung führten Laura Kraft und Martin Donaubauer, die beide auf Lehramt für Mittelschulen studieren, kenntnisreich und anschaulich in das Thema militärische Früherziehung in der DDR ein und stellten den Seminarteilnehmenden Herrn Richter als Zeitzeugen vor. Dieser erzählte dann von seinen Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend, untermalte dies mit zahlreichen originalen Dokumenten und Fotos und las aus seinen literarisch verfassten biografischen Aufzeichnungen vor. In der anschließenden Diskussion, die Frau Kraft und Herr Donaubauer einfühlsam moderierten, beantwortete Herr Richter viele interessierte Nachfragen der Seminarteilnehmenden. Seine Schilderungen, wie Schülerinnen und Schüler, die in der Jungen Gemeinde aktiv und nicht in der FDJ waren, von seiner Schule in Schwerin ausgeschlossen worden waren, wirkten dabei besonders bedrückend. Herr Richter verdeutlichte den Druck, der von Seiten der Schulleitung in einer öffentlichen Versammlung dazu auf die Jugendlichen ausgeübt worden war, sich aktiv gegen diese Mitschüler*innen zu positionieren. Andernfalls würden sie selbst negative Konsequenzen erdulden müssen. Dieses Klima der Angst und der öffentlichen Diffamierung von Andersdenkenden habe ihn damals sehr erschüttert.
In der direkten Auseinandersetzung mit den kurzen Texten von Reiner Kunze, die in dem Buch „Die wunderbaren Jahre“ dem Titel „Friedenskinder“ zugeordnet sind, bestätigte Herr Richter die dortigen Schilderungen aus eigener Erfahrung, die ähnlich gewesen seien.
Wir danken Herrn Richter für seine eindrucksvollen Schilderungen und seine Bereitschaft, seine Erinnerungen im Rahmen des Seminars zu teilen und zu diskutieren. Als Dank für seine Mühen erhielt er die druckfrische 2. Auflage des zweisprachigen Ausstellungsbandes „Ich habe die tschechische Sprache geheiratet.“ Reiner und Elisabeth Kunze. Diese Wanderausstellung, kuratiert von der einen Seminarleiterin, Dr. Linda v. Keyserlingk-Rehbein, war 2023 im Foyer der Universität Passau eröffnet worden. Derzeit ist sie in Tschechien, in der Mährischen Landesbibliothek in Brünn zu sehen.
Auch danken wir Herrn Christoph Obermeyer für die Begleitung von Herrn Richter ins Seminar. Als ehemaliger Prüfer für Lehramtsstudierende fühlte er sich der Universität Passau in besonderer Weise verbunden und begleitete die Diskussion mit großem Interesse.
Laura Kraft und Martin Donaubauer danken wir herzlich für die engagierte Gestaltung dieser besonderen Seminarsitzung.
