In stiller Trauer nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Bernhard Dahm, dem Gründer des Lehrstuhles für Südostasienkunde an der Universität Passau, der im Alter von 91 Jahren verstorben ist. Mit Respekt und Dankbarkeit erinnern wir uns an seinen unermüdlichen Einsatz für die Erforschung Südostasiens und die Weitergabe seines Wissens über diese Region an der Universität Passau und darüber hinaus.
Prof. Dr. Bernhard Dahm wurde 1932 in Kirchen im Siegerland geboren. Seine auf Sumatra, Indonesien, geborene Mutter erzählte ihren zwei Söhnen über das Leben in Indonesien und weckte so ihr Interesse an dem südostasiatischen Land. Auch weitere Angehörige aus einer verzweigten Missionarsfamilie sowie häufige Missionarsbesuche im elterlichen Pfarrhaus waren prägend für die Beziehung zu Indonesien und ganz Südostasien. Speziell das Batakland (Sumatra) mit seiner Kultur und seinen Gebräuchen war Dauerthema in der Familie Dahm. Diese frühe Präsenz Indonesiens in Bernhard Dahms Leben sollte seinen Werdegang maßgeblich prägen.
Sein Studium in den Fächern Geschichte, Germanistik und Anglistik sowie neuerer asiatischer Entwicklungen absolvierte Bernhard Dahm in Marburg und Kiel. In seiner Doktorarbeit, mit der er 1964 in Kiel promoviert wurde, befasste er sich mit dem ersten Präsidenten der Republik Indonesien, Sukarno. Es folgten Forschungsreisen nach Südostasien und Einladungen an das Department of Southeast Asia Studies an der Yale University, wo er zunächst als Postdoctoral Fellow und Visiting Lecturer und später als Visiting Professor tätig war. Nach der Habilitation an der Universität Kiel lehrte er dort zwischen 1973 und 1984 außereuropäische Geschichte.
1984 erhielt Prof. Dahm den Ruf an die Universität Passau, um den ersten Lehrstuhl zur Südostasienkunde in der Bundesrepublik aufzubauen. Bis zu seiner Emeritierung 1997 und darüber hinaus trug er maßgeblich zur Etablierung der Südostasienkunde als eigenständigem Fachgebiet in Deutschland bei. Zu Beginn seiner Tätigkeit in Passau musste er aber zunächst mit bescheidenen Mitteln den Lehrstuhl aus dem Nichts aufbauen, was er mit so großem Engagement schaffte, dass der Lehrstuhl sowohl in Europa als auch in Südostasien bekannt wurde. Innerhalb der Universität Passau war der Südostasienkunde-Lehrstuhl in der Ära Dahm sicherlich einer der kulturell aktivsten mit diversen Festen und Veranstaltungen mit südostasiatischem Flair.
Südostasien wurde als „Kulturraum“ ein fester Bestandteil des Studiengangs Kulturwirtschaft. Prof. Dahm pflegte ein sehr enges Verhältnis zu seinen Studierenden, was ihm bei ihnen die liebenswürdige Bezeichnung Pak Dahm (Herr bzw. Vater Dahm) einbrachte. Viele Studierende aus Südostasien erhielten nach Abschluss ihres Studiums in Passau wichtige akademische Positionen in ihren Heimatländern. Prof. Dahms weitverzweigtes Netzwerk führte zudem dazu, dass in Passau eine Vielzahl an internationalen Konferenzen zu diversen südostasiatischen Themen stattfand.
Prof. Dahms persönliches Forschungsinteresse bezog sich zwar zunächst auf Indonesien, aber auch auf die Philippinen und Vietnam sowie auf gesamtsüdostasiatische Themen. Ein wichtiger Schwerpunkt seiner Forschung und Lehre war das Erbe vorkolonialer kultureller Traditionen in den südostasiatischen Staaten in der post-kolonialen Zeit. Lange Forschungsreisen führten Prof. Dahm vor allem nach Indonesien, wo er aufgrund seiner fließenden Sprachkenntnisse und seiner Forschungstätigkeit ein intensives Netzwerk knüpfen konnte und große Bekanntheit erlangte. Er hatte mehrere persönliche Begegnungen mit den indonesischen Präsidenten Sukarno, Suharto, Abdur Rahman Wahid und Megawati, die ihn bei ihren Deutschlandreisen und politischen Kontakten nach Deutschland ausdrücklich erwähnten. Das war auch ein Grund, warum Bundespräsident Joachim Rau Prof. Dahm auf seine große Indonesienreise 2001 mitnahm. Rau bezeichnete ihn öffentlich als “Nestor der deutschen Indonesienkunde”. Nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen wurde Prof. Dahm vor allem durch die erwähnte Biographie des ersten indonesischen Präsidenten Sukarno (1966) und durch sein Werk zu José Rizal, dem Nationalhelden der Philippinen (1989), bekannt, für das er 2010 mit dem deutsch-philippinischen Kulturpreis ausgezeichnet wurde.
Als Angehörige des Lehrstuhls für Kritische Entwicklungsforschung Südostasien sehen wir uns in der Nachfolge des Südostasienkunde-Lehrstuhls Prof. Dahms und fühlen uns verpflichtet und geehrt, sein Erbe durch unsere Forschung und Lehre zu Südostasien – und insbesondere zu Indonesien – fortzuführen. Seiner Familie gilt unser tiefes Mitgefühl.